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the NOTWIST
Sie sind unter deutschen
Bands eine Ausnahmeerscheinung. Ursprünglich eine Punk-Band zweier
Brüder aus dem oberbayerischen Weilheim, werden The Notwist heute
von amerikanischen und britischen Pop-Kritikern geliebt und spielen in
vollen Hallen. Markus und Micha Acher tun trotzdem wenig für den großen
Durchbruch und verbringen die meiste Zeit damit, in zahllosen Bands und
Nebenprojekten mitzuspielen.
Eure neue Platte "Shrink"
ist wunderschön. Warum macht ihr sowas nur alle drei Jahre?
Es
ist uns halt wichtig, nicht überstürzt zu arbeiten und zu veröffentlichen.
Wir arbeiten so lange an unseren Sachen, bis sie uns wirklich gefallen.
Und ihr arbeitet sehr kontinuierlich.
So seid ihr im Laufe der Zeit zu einem der am wenigsten geheimen Geheimtips
geworden.
Stimmt,
uns wundert es auch manchmal, daß zu unseren Konzerten so viele Leute
kommen, selbst wenn wir gerade gar keine neue Platte veröffentlicht
haben.
Hattet ihr schon mal das
Gefühl, wenn wir jetzt noch einen Hebel richtig umlegen, könnten
wir wirklich Stars werden.
Nein,
so denken wir nicht. Wir sind nicht glamourös. Man kann uns auch nicht
so gut verkaufen wie andere Bands. Wir sind einfach nicht die fetzigen
Typen mit Superklamotten.
Also zurück zur Musik:
Früher wart ihr eine Punkband, heute läßt sich kaum sagen,
was ihr macht.
Das
kommt, weil unsere Plattensammlungen noch viel kleiner waren, als wir Ende
der achtziger Jahre mit Notwist angefangen haben...
Damals hieß es, ihr
seid die deutschen Dinosaur Jr....
Unser
Interessengebiet hat sich aber immer mehr ausgeweitet, und wir versuchen
nun das alles in unsere Musik aufzunehmen. Die Jazz-Elemente ins Notwist-Konzept
zu integrieren war das Schwierigste.
Was ist das Notwist-Konzept?
Popmusik
mit Widerhaken, könnte man sagen. An sich einfache Songs durch die
Art des Arrangements immer wieder in andere Richtungen ziehen.
Damit habt ihr immerhin zur
Ehrenrettung von Instrumenten wie dem Saxophon beigetragen.
Hoffentlich,
denn bei den Jazz- und Elektronik-Elementen auf unserer Platte war es uns
besonders wichtig, daß die Sachen keine Selbstläufer werden.
Daß wir das Saxophon nicht als dekorativen Anstrich verwenden und
die Elektronik als etwas, das nach "Innovation" klingt. Es muß eher
dem Stück als Ganzem was bringen. In dem Stück "Your Signs" ist
die Saxophonpassage am Ende deshalb genauso lang wie die Gesangspassage
davor, um diese Art Gleichberechtigung zu veranschaulichen.
Markus und Michael, ihr mußtet
als Kinder aus einer Musikerfamilie lernen Jazz zu spielen. Habt ihr das
gehaßt?
Nein,
gehaßt nicht, aber wir mußten mehrere Instrumente lernen. Jedes
zweite Wochenende haben wir mit unserem Vater Stücke aufgenommen.
Also war die Punkband The
Notwist so mit 18, 19 als Abnabelung von der Musik der Eltern gedacht,
und jetzt, zehn Jahre später, nimmt man diese Elemente wieder hinzu
und versucht eine Art Synthese.
Kann
man so sagen. Wobei wir nicht alles von damals übernehmen wollen.
Die Blockflöte sparen wir uns erst mal noch.
Habt ihr im Moment überhaupt
noch Zeit für eure vielen Zweitbands - Tied and Tickled Trio und so
weiter?
Momentan
touren wir viel mit Notwist, sonst machen wir nichts - bis auf die New
Orleans Dixie Stompers.
Wie bitte?
Die
Dixieband unseres Vaters. Da spielen wir auf Sonntagsfrühschoppen,
das ist die harte musikalische Realität und eine gute Schule: Am Vorabend
spielst du mit Notwist vor 1000 Leuten, und du glaubst, du bist der Größte.
Am nächsten Morgen spielt man dann von elf bis drei im Bierkeller,
in dem die Musik keinen interessiert. Wenn man da zu den Leuten sagen würde:
"Hey, ich bin übrigens bei Notwist", würde man bloß hören:
"Bei wem? Kenn ich nicht. Fangts endlich zum Spielen an, das Bier wird
warm."
Marc Deckert/Andreas Bernard |