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november, 27th
 
 
the NOTWIST: Pop mit Haken 
aus Visons 5/98 
  

Notwist haben über die Jahre emsig mitgeholfen, daheim in Weilheim eine künstlerische, personelle und technische Infrastruktur aufzubauen, von der sie mittlerweile immer mehr profitieren und mit deren Hilfe sie nun mit "Shrink" prallste Ernte einfahren könnten. 
  

"Notwist bedeutet für mich immer Musik, die gewissermaßen konventioneller Pop ist und bleibt - was sich ja auch als roter Faden durch die Platten zieht, die man mit Hilfe der Resultate aus den anderen Sachen mit einfließen lassen. das klingt dann zwar gelegentlich nach Tied & Tickled Trio, es gibt aber trotzdem noch diesen Notwist-Faden. Der ist auch wichtig. Es ist nur erstmals zugelassen, daß nicht unbedingt eine Gitarre vorkommen muß. Wir fanden es sehr wichtig, diese Resultate hörbarer zu machen, den Kreis etwas weiter zu ziehen. Das war unser großes Anliegen, un dem wollen wir uns auf keinen Fall sperren." 

Markus Acher sitzt am späten Abend zusammen mit Martin Gretschmann - nach dem Weggang von Michael Heirath der neue Notwist-Mann für tüftelige Elektronik-Versätze - an meinem Wohnzimmertisch. Es hat sich viel getan, seit mit "12" das letzte längere Lebenszeichen zu hören war. Und dennoch waren diese Menschen währenddessen beileibe nicht untätig, sondern haben sich daheim mit der Produktion wagemutiger Tonträger verdingt und bei dem Ausbau der heimischen Szene in den südbayrischen Städtchen Weilheim und Landsberg kräftig mitangepackt. 
Dieses Sammelsurium an Aktivitäten liefert aufschlußreiche Schlüssel für das, was nun schon seit Wochen ununterbrochen als neues Notwist-Album aus meiner STereoanlage dudelt. Man stelle sich das so vor: Das doch recht umfangreiche Unterfangen namens Pop- bzw. Rockmusik wird in kleinere Teildisziplinen aufgeteilt, in denen dann im Team mit anderen fähigen und befreundeten Forschern experimentiert und ausprobiert wird, um dann die für tauglich befundenen Arbeitsweisen und Teilresultate wieder zu einem großen Ganzen zusammenzuführen. Die kleinen Forschergrüppchen sind in diesem Fall so aufregende bands, wie z.B. Village of Savoonga, Console, Tied & Tickled Trio, Potawatomi und Toxic. Bei aller musikalischer Verschiedenheit ist ihnen gemeinsam, daß mindestens ein Notwist-Mann zentrales Mitglied ist. Village of Savoonga erforschen das Schichtungsverhalten von freien Geräusch- und Rhytmusformen, Tied & Tickled Trio übern sich weltweit einzigartig im befreiten Umgang mit Jazz- und Elektronika-Versätzen, Toxic kämpfen für den Pop, Potawatomi entwickeln Tötungssysteme mittels Lärm, und Console differenzieren groovy Tanzelektronik aus. Allesamt hochspannende Unterfangen, umso bemerkenswerter dadurch, das man sich für derartiges Treiben auch noch eine Marktfähige und komplett unabhängige Infrastruktur zur Veröffentlichung geschaffen hat. Die drei Labels "Hausmusik", Payola" und "Kollaps" haben es sich zur Aufgabe gemacht, die heimischen Schätze zu heben und arbeiten mittlerweile so professionell, daß man ihre Releases auch schon mal in den besser sortierten Plattenläden Amerikas findet.   
Daß Notwist auf ihrer neuen Platte scheinbar ganz anders und neu klingen, dürfte zwar erst einmal für einige Überraschung sorgen. Ruft man sich jedoch manche Details der vergangenen Jahre ins Gedächtnis, ist die Entwicklung - wenn auch spärlich und teils an entlegener Stelle - doch sehr nachvollziehbar anhand der Veröffentlichungen dokumentiert. Wer das Glück hatte, "12" in der limitierten Auflage mit Bonus-CD zu erstehen konnte hier erste, wenn auch recht klobige Gehversuche in Richtung neuerer Tanzelektronik hören. Auf der Anfang letzten Jahres erschienenen ,,Day 7'-Maxi wurde dann schon ziemlich klar, daß alles anders werden würde - am anschaulichsten vorgeführt an der neuen Version von Noah, die plötzlich mit präzise gesetzter, hauchfeiner Elektronik angereichert war. Natürlich war auch ich erst verschreckt als plötzlich Gerüchte kursierten, daß Notwist wieder aufnehmen und dazu Busladungen voller Bläser ins Studio karren würden. Mit der Maxi wurde aber schnell klar, daß man hier keine zickige Karriere-Verweigerungshaltung auslebt und daß alles nicht nur gut, sondern sogar wahnsinnig spannend werden wird. 

Markus Acher: "Vor der Platte war klar, daß es bei Notwist jetzt anders weitergehen würde - ähnlich dem Tied & Tickled Trio-Prinzip, bei dem leder seinen musikalischen Beitrag in den Topf wirft. Durch das ständige Weiterverarbeiten dieser Zutaten, bei dem dann z.B. Teile der Drums gesampelt und geloopt werden und dann wieder neue Drums ergeben, mischen sich alle Sachen ganz immens, und man kann irgendwann gar nicht mehr sagen: "Ich habe da aber mal sowas gespielt und das kommt hier jetzt gar nicht mehr vor" Dieser Ansatz wird dann überflüssig und absurd. Das Endresultat ist entscheidend, egal, wo der Klang ursprünglich mal herkam." 

Klar ist, daß bei einer weitgehend ruhigen, geradezu. zurückgelehnt entspannten Plane wie "Shrink" so mancher, der ein neues Mosh-Wunderwerk erwartete, irritiert in die Röhre guckt. Das Album ist weitgehend frei von verzerrten Gitarren, und das ist bei Notwist nun doch ein fettes Novum, hinter dem Spekulanten vorschnell einen Kommentar zum Zeitgeschehen vermuten könnten. 

Markus: "Die Platte ist auf keinen Fall ein Statement gegen unsere Rockvergangenheit. Das ist uns eigentlich erst im nachhinein aufgefallen, und es bedeutet auf keinen Fall, daß die nächste Platte nicht auch aus Gitarre, Baß, Schlagzeug und Orgel bestehen könnte. Wir haben neulich in Peißenberg noch ein Konzert mit lediglich alten Stücken gespielt, und das hat uns auch superviel Spaß gemacht. Wir wollen das auf keinen Fall missen. Daß diese Platte vielleicht verwirrt, finde ich okay. Wir irritieren schon ganz gern bei Notwist! Das hat ja schon bei "12" angefangen, wo mit bestimmten Vorstellungen, die sich fest eingegraben hatten, gebrochen wurde. Aber die Grundidee Notwist ist quasi "Pop mit Haken" - eine Popband, die nicht wirklich eine sein will." 

Dennoch wird es Menschen geben, die da maulen werden, daß es nun so originell auch wieder nicht sei, seine Rockmusik mit Elektronik aufzupeppen und ihr mit einigen Jazz-Versätzen noch einen intelligenten Anstrich zu verpassen, um sich dann mit diesen zeitgenössischen Accessoires für die nächste Dekade ausgestattet zu fühlen. Doch bei Notwist geht es wirklich nur um Musik, nicht um Imagepolitur.  

Markus: "Mögliche Vorwürfe wie "Ach, die machen jetzt auch so ein bißchen mit Elektronik und Jazz" sind auch mir immer wieder in den Kopf gekommen. Man hat aber im Prinzip nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt man bestimmte Stilmittel, also in unserem Fall Baß, Gitarre, Schlagzeug, und sieht zu, daß man sie irgendwie verfeinert und weiterfahrt, also versucht, das Ganze auf eine andere Ebene zu bekommen. Oder man probiert, das Ganze mit all den Sachen anzureichern, die einen momentan musikalisch umgeben, um es damit interessanter und auch irgendwie realer zu gestalten. Und um die Gefahr zu umschiffen, daß man auf der Stelle tritt. Für uns war irgendwann klar, die Elemente, mit denen wir uns ohnehin befassen, bei Notwist miteinzubauen. Ich kann das für mich so rechtfertigen, daß ich die Einflüsse und die Musik, die ich höre, so ernst wie möglich nehme. Es galt zu vermeiden, daß man Notwist so läßt wie bisher, um dann einfach einen fetzigen Chemical Brothers-Rhythmus und ein Saxophon drunterzusetzen. Das fand ich an der "Laughing Stock" von Talk Talk (der Notwist-Lieblingsplatte schlechthin - Anm. d. Verf.) auch am beeindruckendsten: Daß alle verwendeten Musikstile darin vorkommen, ohne daß sie zwangsläufig etwas Zeitgenössisches signalisieren müssen. Das alles ist einfach Teil einer Entwicklung, die sich von unserer letzten Platte über die ganzen anderen Projekte recht anschaulich verfolgen läßt. Ich glaube, die Brüche bei Notwist erscheinen längst nicht so stark, wenn man die anderen Bands mitverfolgt." 

"Shrink" wäre wohl die teuerste Platte der Welt geworden (und war auch so schon kostspielig genug), wenn man das Uphon-Studio, das vor einiger Zeit von Mario Thaler mit einem reichlich risikofreudigen Kraft- und Finanzierungsakt in Weilheim aufgebaut wurde, nicht direkt vor der Tür gehabt hätte. Oder, wie Markus noch hinzufügt: 

"Sie wäre sogar vollkommen unmöglich gewesen, weil wir immer wieder an Punkte gelangt sind, wo wir mit den Stücken einfach nicht mehr weiterwußten. Dann mußte immer ein Anstoß kommen, ein komisches Geräusch oder eine Methode, wie man das Schlagzeug bearbeiten konnte, die einen dann wiederum auf eine ganz andere Idee gebracht hat. In einem anderen Studio wäre das wohl nicht drin gewesen, weil man da einfach nicht sagen kann: "Jetzt machen wir mal einen Tag Pause, und ihr dreht in der Zwischenzeit mal ein bißchen die Knöpfe." Mario Thaler und Olaf Opal halten da schon eine richtig tragende Produzentenrolle und haben extrem viele Ideen und Impulse für die Stücke gegeben. Wir wollen so viel ausprobieren wie möglich, alles weitestgehend verfremden, Bläser und Perkussionisten einladen. Das hat Mario und Olaf angesteckt, so daß sich jeder übertroffen hat mit Ideen. Letztendlich waren wir erleichtert, bei jedem Stück an einem Punkt angekommen zu sein, bei dem man sagen konnte: "Das ist jetzt die für uns bestmögliche Form für dieses Stück." Deshalb wird es auch keine Remixe von "Shrink" geben. Wir wollten sofort alle Richtungen, in die so ein Stück gehen kann, im Produktionsprozeß mitdenken und miteinbeziehen. Das war alles sehr anstrengend und aufreibend, im Endeffekt aber auch sehr, öhhhhmmm, befriedigend." 

Und dann ist da noch die Sache mit dem Jazz. Insbesondere - aber nicht nur - Micha Acher steckt knietief drin, studiert Jazztrompete und geht wahrscheinlich im September aufgrund eines Stipendiums auf Zeit nach New York. Wie Micha mir vor einiger Zeit erzählte, hat man es hierzulande nicht gerade leicht, auch wenn man den Jazz aktiv liebt, sich auch über dessen Tellerrand hinaus zu engagieren. Da sieht es in Deutschland wohl eher deprimierend aus, wenn es darum geht, interessante Mitstreiter für genreübergreifende Projekte zu finden. 

Markus: "Hierzulande gibt es die "Planet Jazz" - Typen, die den ganzen Tag Jazz üben, hören, spielen. Die leben in ihrem abgeschlossenen Mikrokosmos, da passiert nichts drumherum Da herrscht eine ganz seltsame Auffassung über das Musikmachen im allgemeinen - zum Großteil wohl dadurch bedingt, daß sie den ganzen Tag üben müssen, um bestimmte Disziplinen überhaupt zu schaffen. Ich habe mal einen Artikel gelesen, der Leistungssport und Jazz, wie er hier praktiziert wird, verglichen und sehr tref-fende Parallelen herausgearbeitet hat. Zu Musikern wie uns, die schon mal drei Akkorde schrubbeln und damit oft mehr Effekt und Leute erreichen, haben ,echte' Jazzer eine ganz komische Beziehung. Meistens nehmen sie uns einfach nicht ernst. In New York beispielsweise gibt es viel mehr Austausch - nicht nur in der Knitting Factory, sondern auch in ganz kleinen Cafés, wo dann auch eine ganz andere Atmosphäre herrscht als hier, wo man immer gleich 20 Mark Eintritt zahlt, die Leute auf Stühlen sitzen und nach jedem Solo klatschen." 

Martin: "Das hat immer was sehr Elitäres." 

Markus: "Ein Mann wie Johannes Enders ist hierzulande die absolute Ausnahme. Wir kennen ihn schon ewig, er war mit Martin (Messerschmid, Schlagzeuger - Anm. d. Verf.) auf dem Gymnasium, hat dann angefangen, intensiv Saxophon zu spielen und hat auch mit mir in der Musikschulen-Bigband gespielt - da hab' ich auch noch Saxophon gespielt. Er hat sich dann dem Jazz verschrieben, ist erst nach New York und dann nach Graz gegangen, bis wir ihn dann auf einem Festival in Weilheim wiedergetroffen haben. Der Kontakt war schnell wiederhergestellt, und wir waren beiderseitig sehr beeindruckt vom Schaffen des anderen." 

So kam es, daß mit Enders ein ziemlich renommierter Tenor-Saxophonist erst auf die Tied & Tickled Trio-Platte und dann noch für diverse Solo-Stelldicheins auf die neue Notwist geschlittert ist. 

Markus: "Wir waren wirklich baff, wie viele Leute zur ersten Tied & Tickled Trio-Tour gekommen sind. Bisher war es bei all unseren Projekten so, daß man extrem glücklich war, wenn 50 Leute kamen. Tied & Tickled Trio war sofort eine andere Liga, und besonders interessant dabei war, daß es teilweise komplett losgelöst vom ,Hausmusik'-Komplex funktioniert hat, weil Leute nach dem Konzert am Plattenstand ankamen und überhaupt nichts von dem ganzen Zeug kannten." 

Außerdem tourten Notwist mit Stereolab durch dickere Hallen, bei denen Tim Gane und Laetitia Sadier, die ohnehin schon mit einigen Notwist-Nebenprojekten vertraut waren, schnell als Fans rekrutiert werden konnten. Markus hat den beiden nach der Tour noch ein kleines, repräsentatives Päckchen mit neueren Veröffentlichungen inkl. den Vorabmixen von ,"Shrink" geschickt. 

"Ich dachte, daß sie vielleicht die ,Too Pure'-Leute oder andere kennen würden, die Interesse daran hätten, "Shrink" in England zu veröffentlichen. Zurück kam eine Postkarte, die besagte, daß sie die Platte verdammt gut fänden und es auch auf ihrem eigenen ,Duophonic'-Label veröffentlichen würden. Sowas hatte ich gar nicht als reelle Möglichkeit zu denken gewagt. Ich hoffe schwer, daß das klappt. Der Deal scheint momentan zu 99,9 Prozent unter Dach und Fach."  

Erstaunlich, wie schwierig so etwas nach wie vor für eine deutsche Band ist. Notwist bestehen schon seit zehn Jahren, und erst jetzt erschließt sich langsam England. 

Markus: "Wir haben auch nie Anstrengungen dahingehend verfolgt, daß man alles auf einen Schlag hapert. Die Tatsache, daß es diesbezüglich immer nur Schritt für Schritt vorwärts geht, war für uns immer okay. Der größte Sprung in der Notwist- Karriere war quasi gar nicht Notwist selbst, sondern Tied & Tickled Trio, weil wir uns damit ein Publikum und ein Renommee erschlossen haben, das Notwist nie bekommen haben, weil wir da plötzlich als hippe, innovative Band aufgenommen wurden. Das ist etwas, was wir nie erwartet hätten." 

Wie steht es denn nun um die Erwartungshaltung an diese Platte, nachdem man ewig daran rumgeschraubt hat und wirklich sagenhaft viel Herzblut miteinfließen ließ? 

Markus: "Sobald man ein Exemplar in der Hand hat, beginnt eine andere Phase, auf die man nicht mehr so viel Einfluß hat und die dann auch nicht mehr so wichtig ist. Der aufreibendste Zeitabschnitt ist der, bis man endlich alles unter Dach und Fach hat - und da basteln wir immer so lange rum, bis wir wirklich denken, daß es jetzt veröffentlichungswert ist. Es wäre aber schon erschütternd, zu bemerken, daß die Platte jetzt keinen mehr interessiert. Daher war es eine völlig freudige und wichtige Überraschung, daß so viele Leute gekommen sind, als wir Mitte letzten Jahres erstmals wieder auf Tour waren. Es wäre ja auch durchaus nachvollziehbar gewesen, wenn die Leute gesagt hätten: „Immer noch nichts Neues, die kommen schon wieder und spielen dieselben alten Lieder.“ Es fördert schon den Elan, wenn man merkt, daß da draußen tatsächlich noch Interesse besteht.“ 

Wenn man dann fragt, ob "Community", das Heimatlabel von Notwist in Anbetracht der doch immer größer werdenden Zyklen bis zu einem neuen Album nicht zwischenzeitlich mal die Nerven verloren hat, antwortet Markus lakonisch: 

"Nein, wir sind da relativ im vereinbarten Rahmen geblieben." 

Martin: "Die wissen auch, wie's bei Notwist läuft. Unter zeitlichen Forderungen kann so eine Band nicht funktionieren." 

Markus: "Ich kann mir jetzt erst mal gar nicht vorstellen - und hab auch keine Lust dazu - wie die nächste Notwist-Platte aussehen könnte. Man denkt dann eher: "Ahhhh, jetzt erst mal wieder eine neue Tied & Tickled machen." "Community" haben sich wohl mittlerweile an unsere Arbeitsweise gewöhnt. Ich habe mal gehört, daß wir generell den Ruf haben, eine schwierige Band zu sein. Daher ist wohl auch noch nie eine Major-Firma an uns herangetreten - obwohl das für uns nicht grundsätzlich ausgeschlossen wäre, wenn wir alle Freiheiten behalten können." 

Immerhin veröffentlichen Notwist ihre Platten mittlerweile auch in den USA auf einem hierzulande komplett unbekannten Label namens "Zero Hour". 

Martin: "Dahinter steht jemand, der mal selber Musiker war, dann an die Börse gegangen und nun ziemlich reich ist. Der hat dann seinen Traum verwirklicht und "Zero Hour" gegründet - ein Indie-Label mit mitunter netten Bands wie Space Needle und Grover". 

Markus: "Wir verkaufen da aber nicht sonderlich viel." 

Martin: "Was die aber unglaublich gut können, ist, mit der Presse zu arbeiten." 

Markus: "Die Frau, die die Promo-Sachen erledigt, rennt redend mit dem Telefon am  Ohr  und  Kopien  um  sich schmeißend durch die Gegend, kennt jeden, geht auf die Wu-Tang Clan-Party und ist überall dabei. Die hat uns einen Rolling Stone- und einen New York Times-Artikel mit zwei Telefonanrufen organisiert. Bei dem Riesenland verläuft sich das aber. Wenn du da ein paar Tausend Platten verkaufst, dann kennen dich in jedem Auftrittsort drei Leute. So war es dann auch auf beiden USA-Touren, obwohl wir da teils mit amerikanischen Bands gespielt haben, bei denen ich irgendwie was anderes erwartet hätte - zum Beispiel mit den Silver Apples, die das Atomic Café in München  ausverkauft hatten.  Da waren dann vielleicht 30 Leute. Es war Strapaze hoch zehn, jeden Tag mindestens acht Stunden im Auto durch die Landschaft fahren, drei Wochen lang, und eigentlich kein einziges gut besuchtes Konzert, außer in New York und Boston. Das war schon eine ziemliche Extremerfahrung. Bei der ersten Tour haben wir auf einem Metal-Meeting in L.A. gespielt. Das war sehr.. tätowiert. Da waren Typen, die sich einfach so auf den Boden geschmissen haben, um 50 Liegestütze zu machen, sehr bizarr". 

Beim Auftritt in New York war sogar Thurston Moore zugegen, berichtet Markus. 

"Er kam ziemlich präzise zum letzten Ton, den wir spielten. Als wir nach Amerika geflogen sind, saß er schon im Flugzeug direkt hinter uns. Saß da und las super-malerisch ein Lydia Lunch-Buch, und ich dachte: "Den Typen kennst du doch. Durch die Zollkontrolle ging er dann mit dickem Gitarrenkoffer. Wir haben ihn aber nicht angesprochen. Wir hätten hingehen und sagen sollen: "Hallo! Spielst du auch in einer Band?" 

Nach dem Konzert haben sie dann doch noch mit ihm gesprochen - und waren echt überrascht, daß er fast die komplette Band- und Projekt-Palette aus Weilheim/Landsberg kannte.   


Interview: Alex Brandt & Carsten La Tendresse 
Text: Carsten la Tendresse