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the NOTWIST:
Pop mit Haken
aus Visons 5/98
Notwist haben über die
Jahre emsig mitgeholfen, daheim in Weilheim eine künstlerische, personelle
und technische Infrastruktur aufzubauen, von der sie mittlerweile immer
mehr profitieren und mit deren Hilfe sie nun mit "Shrink" prallste Ernte
einfahren könnten.
"Notwist
bedeutet für mich immer Musik, die gewissermaßen konventioneller
Pop ist und bleibt - was sich ja auch als roter Faden durch die Platten
zieht, die man mit Hilfe der Resultate aus den anderen Sachen mit einfließen
lassen. das klingt dann zwar gelegentlich nach Tied & Tickled Trio,
es gibt aber trotzdem noch diesen Notwist-Faden. Der ist auch wichtig.
Es ist nur erstmals zugelassen, daß nicht unbedingt eine Gitarre
vorkommen muß. Wir fanden es sehr wichtig, diese Resultate hörbarer
zu machen, den Kreis etwas weiter zu ziehen. Das war unser großes
Anliegen, un dem wollen wir uns auf keinen Fall sperren."
Markus Acher sitzt am späten
Abend zusammen mit Martin Gretschmann - nach dem Weggang von Michael Heirath
der neue Notwist-Mann für tüftelige Elektronik-Versätze
- an meinem Wohnzimmertisch. Es hat sich viel getan, seit mit "12" das
letzte längere Lebenszeichen zu hören war. Und dennoch waren
diese Menschen währenddessen beileibe nicht untätig, sondern
haben sich daheim mit der Produktion wagemutiger Tonträger verdingt
und bei dem Ausbau der heimischen Szene in den südbayrischen Städtchen
Weilheim und Landsberg kräftig mitangepackt.
Dieses Sammelsurium an Aktivitäten
liefert aufschlußreiche Schlüssel für das, was nun schon
seit Wochen ununterbrochen als neues Notwist-Album aus meiner STereoanlage
dudelt. Man stelle sich das so vor: Das doch recht umfangreiche Unterfangen
namens Pop- bzw. Rockmusik wird in kleinere Teildisziplinen aufgeteilt,
in denen dann im Team mit anderen fähigen und befreundeten Forschern
experimentiert und ausprobiert wird, um dann die für tauglich befundenen
Arbeitsweisen und Teilresultate wieder zu einem großen Ganzen zusammenzuführen.
Die kleinen Forschergrüppchen sind in diesem Fall so aufregende bands,
wie z.B. Village of Savoonga, Console, Tied &
Tickled Trio, Potawatomi und Toxic. Bei aller musikalischer Verschiedenheit
ist ihnen gemeinsam, daß mindestens ein Notwist-Mann zentrales Mitglied
ist. Village of Savoonga erforschen das Schichtungsverhalten von
freien Geräusch- und Rhytmusformen, Tied &
Tickled Trio übern sich weltweit einzigartig im befreiten Umgang mit
Jazz- und Elektronika-Versätzen, Toxic kämpfen für den Pop,
Potawatomi entwickeln Tötungssysteme mittels Lärm, und Console
differenzieren groovy Tanzelektronik aus. Allesamt hochspannende Unterfangen,
umso bemerkenswerter dadurch, das man sich für derartiges Treiben
auch noch eine Marktfähige und komplett unabhängige Infrastruktur
zur Veröffentlichung geschaffen hat. Die drei Labels "Hausmusik",
Payola" und "Kollaps" haben es sich zur Aufgabe gemacht, die heimischen
Schätze zu heben und arbeiten mittlerweile so professionell, daß
man ihre Releases auch schon mal in den besser sortierten Plattenläden
Amerikas findet.
Daß
Notwist auf ihrer neuen Platte scheinbar ganz anders und neu klingen, dürfte
zwar erst einmal für einige Überraschung sorgen. Ruft man sich
jedoch manche Details der vergangenen Jahre ins Gedächtnis, ist die
Entwicklung - wenn auch spärlich und teils an entlegener Stelle -
doch sehr nachvollziehbar anhand der Veröffentlichungen dokumentiert.
Wer das Glück hatte, "12" in der limitierten Auflage mit Bonus-CD
zu erstehen konnte hier erste, wenn auch recht klobige Gehversuche
in Richtung neuerer Tanzelektronik hören. Auf der Anfang letzten Jahres
erschienenen ,,Day 7'-Maxi wurde dann schon ziemlich klar, daß alles
anders werden würde - am anschaulichsten vorgeführt an der neuen
Version von Noah, die plötzlich mit präzise gesetzter, hauchfeiner
Elektronik angereichert war. Natürlich war auch ich erst verschreckt
als plötzlich Gerüchte kursierten, daß Notwist wieder aufnehmen
und dazu Busladungen voller Bläser ins Studio karren würden.
Mit der Maxi wurde aber schnell klar, daß man hier keine zickige
Karriere-Verweigerungshaltung auslebt und daß alles nicht nur gut,
sondern sogar wahnsinnig spannend werden wird.
Markus Acher: "Vor
der Platte war klar, daß es bei Notwist jetzt anders weitergehen
würde - ähnlich dem Tied & Tickled Trio-Prinzip, bei dem
leder seinen musikalischen Beitrag in den Topf wirft. Durch das ständige
Weiterverarbeiten dieser Zutaten, bei dem dann z.B. Teile der Drums gesampelt
und geloopt werden und dann wieder neue Drums ergeben, mischen sich alle
Sachen ganz immens, und man kann irgendwann gar nicht mehr sagen: "Ich
habe da aber mal sowas gespielt und das kommt hier jetzt gar nicht mehr
vor" Dieser Ansatz wird dann überflüssig und absurd. Das Endresultat
ist entscheidend, egal, wo der Klang ursprünglich mal herkam."
Klar ist, daß bei einer
weitgehend ruhigen, geradezu. zurückgelehnt entspannten Plane wie
"Shrink" so mancher, der ein neues Mosh-Wunderwerk erwartete, irritiert
in die Röhre guckt. Das Album ist weitgehend frei von verzerrten Gitarren,
und das ist bei Notwist nun doch ein fettes Novum, hinter dem Spekulanten
vorschnell einen Kommentar zum Zeitgeschehen vermuten könnten.
Markus: "Die
Platte ist auf keinen Fall ein Statement gegen unsere Rockvergangenheit.
Das ist uns eigentlich erst im nachhinein aufgefallen, und es bedeutet
auf keinen Fall, daß die nächste Platte nicht auch aus Gitarre,
Baß, Schlagzeug und Orgel bestehen könnte. Wir haben neulich
in Peißenberg noch ein Konzert mit lediglich alten Stücken gespielt,
und das hat uns auch superviel Spaß gemacht. Wir wollen das auf keinen
Fall missen. Daß diese Platte vielleicht verwirrt, finde ich okay.
Wir irritieren schon ganz gern bei Notwist! Das hat ja schon bei "12" angefangen,
wo mit bestimmten Vorstellungen, die sich fest eingegraben hatten, gebrochen
wurde. Aber die Grundidee Notwist ist quasi "Pop mit Haken" - eine Popband,
die nicht wirklich eine sein will."
Dennoch wird es Menschen
geben, die da maulen werden, daß es nun so originell auch wieder
nicht sei, seine Rockmusik mit Elektronik aufzupeppen und ihr mit einigen
Jazz-Versätzen noch einen intelligenten Anstrich zu verpassen, um
sich dann mit diesen zeitgenössischen Accessoires für die nächste
Dekade ausgestattet zu fühlen. Doch bei Notwist geht es wirklich nur
um Musik, nicht um Imagepolitur.
Markus: "Mögliche
Vorwürfe wie "Ach, die machen jetzt auch so ein bißchen mit
Elektronik und Jazz" sind auch mir immer wieder in den Kopf gekommen. Man
hat aber im Prinzip nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Entweder
nimmt man bestimmte Stilmittel, also in unserem Fall Baß, Gitarre,
Schlagzeug, und sieht zu, daß man sie irgendwie verfeinert und weiterfahrt,
also versucht, das Ganze auf eine andere Ebene zu bekommen. Oder man probiert,
das Ganze mit all den Sachen anzureichern, die einen momentan musikalisch
umgeben, um es damit interessanter und auch irgendwie realer zu gestalten.
Und um die Gefahr zu umschiffen, daß man auf der Stelle tritt. Für
uns war irgendwann klar, die Elemente, mit denen wir uns ohnehin befassen,
bei Notwist miteinzubauen. Ich kann das für mich so rechtfertigen,
daß ich die Einflüsse und die Musik, die ich höre, so ernst
wie möglich nehme. Es galt zu vermeiden, daß man Notwist so
läßt wie bisher, um dann einfach einen fetzigen Chemical Brothers-Rhythmus
und ein Saxophon drunterzusetzen. Das fand ich an der "Laughing Stock"
von Talk Talk (der Notwist-Lieblingsplatte schlechthin - Anm. d. Verf.)
auch am beeindruckendsten: Daß alle verwendeten Musikstile darin
vorkommen, ohne daß sie zwangsläufig etwas Zeitgenössisches
signalisieren müssen. Das alles ist einfach Teil einer Entwicklung,
die sich von unserer letzten Platte über die ganzen anderen Projekte
recht anschaulich verfolgen läßt. Ich glaube, die Brüche
bei Notwist erscheinen längst nicht so stark, wenn man die anderen
Bands mitverfolgt."
"Shrink" wäre wohl die
teuerste Platte der Welt geworden (und war auch so schon kostspielig genug),
wenn man das Uphon-Studio, das vor einiger Zeit von Mario Thaler mit einem
reichlich risikofreudigen Kraft- und Finanzierungsakt in Weilheim aufgebaut
wurde, nicht direkt vor der Tür gehabt hätte. Oder, wie Markus
noch hinzufügt:
"Sie
wäre sogar vollkommen unmöglich gewesen, weil wir immer wieder
an Punkte gelangt sind, wo wir mit den Stücken einfach nicht mehr
weiterwußten. Dann mußte immer ein Anstoß kommen, ein
komisches Geräusch oder eine Methode, wie man das Schlagzeug bearbeiten
konnte, die einen dann wiederum auf eine ganz andere Idee gebracht hat.
In einem anderen Studio wäre das wohl nicht drin gewesen, weil man
da einfach nicht sagen kann: "Jetzt machen wir mal einen Tag Pause, und
ihr dreht in der Zwischenzeit mal ein bißchen die Knöpfe." Mario
Thaler und Olaf Opal halten da schon eine richtig tragende Produzentenrolle
und haben extrem viele Ideen und Impulse für die Stücke gegeben.
Wir wollen so viel ausprobieren wie möglich, alles weitestgehend verfremden,
Bläser und Perkussionisten einladen. Das hat Mario und Olaf angesteckt,
so daß sich jeder übertroffen hat mit Ideen. Letztendlich waren
wir erleichtert, bei jedem Stück an einem Punkt angekommen zu sein,
bei dem man sagen konnte: "Das ist jetzt die für uns bestmögliche
Form für dieses Stück." Deshalb wird es auch keine Remixe von
"Shrink" geben. Wir wollten sofort alle Richtungen, in die so ein Stück
gehen kann, im Produktionsprozeß mitdenken und miteinbeziehen. Das
war alles sehr anstrengend und aufreibend, im Endeffekt aber auch sehr,
öhhhhmmm, befriedigend."
Und dann ist da noch die
Sache mit dem Jazz. Insbesondere - aber nicht nur - Micha Acher steckt
knietief drin, studiert Jazztrompete und geht wahrscheinlich im September
aufgrund eines Stipendiums auf Zeit nach New York. Wie Micha mir vor einiger
Zeit erzählte, hat man es hierzulande nicht gerade leicht, auch wenn
man den Jazz aktiv liebt, sich auch über dessen Tellerrand hinaus
zu engagieren. Da sieht es in Deutschland wohl eher deprimierend aus, wenn
es darum geht, interessante Mitstreiter für genreübergreifende
Projekte zu finden.
Markus: "Hierzulande
gibt es die "Planet Jazz" - Typen, die den ganzen Tag Jazz üben, hören,
spielen. Die leben in ihrem abgeschlossenen Mikrokosmos, da passiert nichts
drumherum Da herrscht eine ganz seltsame Auffassung über das Musikmachen
im allgemeinen - zum Großteil wohl dadurch bedingt, daß sie
den ganzen Tag üben müssen, um bestimmte Disziplinen überhaupt
zu schaffen. Ich habe mal einen Artikel gelesen, der Leistungssport und
Jazz, wie er hier praktiziert wird, verglichen und sehr tref-fende Parallelen
herausgearbeitet hat. Zu Musikern wie uns, die schon mal drei Akkorde schrubbeln
und damit oft mehr Effekt und Leute erreichen, haben ,echte' Jazzer eine
ganz komische Beziehung. Meistens nehmen sie uns einfach nicht ernst. In
New York beispielsweise gibt es viel mehr Austausch - nicht nur in der
Knitting Factory, sondern auch in ganz kleinen Cafés, wo dann auch
eine ganz andere Atmosphäre herrscht als hier, wo man immer gleich
20 Mark Eintritt zahlt, die Leute auf Stühlen sitzen und nach jedem
Solo klatschen."
Martin: "Das
hat immer was sehr Elitäres."
Markus: "Ein
Mann wie Johannes Enders ist hierzulande die absolute Ausnahme. Wir kennen
ihn schon ewig, er war mit Martin (Messerschmid, Schlagzeuger - Anm. d.
Verf.) auf dem Gymnasium, hat dann angefangen, intensiv Saxophon zu spielen
und hat auch mit mir in der Musikschulen-Bigband gespielt - da hab' ich
auch noch Saxophon gespielt. Er hat sich dann dem Jazz verschrieben, ist
erst nach New York und dann nach Graz gegangen, bis wir ihn dann auf einem
Festival in Weilheim wiedergetroffen haben. Der Kontakt war schnell wiederhergestellt,
und wir waren beiderseitig sehr beeindruckt vom Schaffen des anderen."
So kam es, daß mit
Enders ein ziemlich renommierter Tenor-Saxophonist erst auf die Tied &
Tickled Trio-Platte und dann noch für diverse Solo-Stelldicheins auf
die neue Notwist geschlittert ist.
Markus: "Wir
waren wirklich baff, wie viele Leute zur ersten Tied & Tickled Trio-Tour
gekommen sind. Bisher war es bei all unseren Projekten so, daß man
extrem glücklich war, wenn 50 Leute kamen. Tied & Tickled Trio
war sofort eine andere Liga, und besonders interessant dabei war, daß
es teilweise komplett losgelöst vom ,Hausmusik'-Komplex funktioniert
hat, weil Leute nach dem Konzert am Plattenstand ankamen und überhaupt
nichts von dem ganzen Zeug kannten."
Außerdem tourten Notwist
mit Stereolab durch dickere Hallen, bei denen Tim Gane und Laetitia Sadier,
die ohnehin schon mit einigen Notwist-Nebenprojekten vertraut waren, schnell
als Fans rekrutiert werden konnten. Markus hat den beiden nach der Tour
noch ein kleines, repräsentatives Päckchen mit neueren Veröffentlichungen
inkl. den Vorabmixen von ,"Shrink" geschickt.
"Ich
dachte, daß sie vielleicht die ,Too Pure'-Leute oder andere kennen
würden, die Interesse daran hätten, "Shrink" in England zu veröffentlichen.
Zurück kam eine Postkarte, die besagte, daß sie die Platte verdammt
gut fänden und es auch auf ihrem eigenen ,Duophonic'-Label veröffentlichen
würden. Sowas hatte ich gar nicht als reelle Möglichkeit zu denken
gewagt. Ich hoffe schwer, daß das klappt. Der Deal scheint momentan
zu 99,9 Prozent unter Dach und Fach."
Erstaunlich, wie schwierig
so etwas nach wie vor für eine deutsche Band ist. Notwist bestehen
schon seit zehn Jahren, und erst jetzt erschließt sich langsam England.
Markus: "Wir
haben auch nie Anstrengungen dahingehend verfolgt, daß man alles
auf einen Schlag hapert. Die Tatsache, daß es diesbezüglich
immer nur Schritt für Schritt vorwärts geht, war für uns
immer okay. Der größte Sprung in der Notwist- Karriere war quasi
gar nicht Notwist selbst, sondern Tied & Tickled Trio, weil wir uns
damit ein Publikum und ein Renommee erschlossen haben, das Notwist nie
bekommen haben, weil wir da plötzlich als hippe, innovative Band aufgenommen
wurden. Das ist etwas, was wir nie erwartet hätten."
Wie steht es denn nun um
die Erwartungshaltung an diese Platte, nachdem man ewig daran rumgeschraubt
hat und wirklich sagenhaft viel Herzblut miteinfließen ließ?
Markus: "Sobald
man ein Exemplar in der Hand hat, beginnt eine andere Phase, auf die man
nicht mehr so viel Einfluß hat und die dann auch nicht mehr so wichtig
ist. Der aufreibendste Zeitabschnitt ist der, bis man endlich alles unter
Dach und Fach hat - und da basteln wir immer so lange rum, bis wir wirklich
denken, daß es jetzt veröffentlichungswert ist. Es wäre
aber schon erschütternd, zu bemerken, daß die Platte jetzt keinen
mehr interessiert. Daher war es eine völlig freudige und wichtige
Überraschung, daß so viele Leute gekommen sind, als wir Mitte
letzten Jahres erstmals wieder auf Tour waren. Es wäre ja auch durchaus
nachvollziehbar gewesen, wenn die Leute gesagt hätten: „Immer noch
nichts Neues, die kommen schon wieder und spielen dieselben alten Lieder.“
Es fördert schon den Elan, wenn man merkt, daß da draußen
tatsächlich noch Interesse besteht.“
Wenn man dann fragt, ob "Community",
das Heimatlabel von Notwist in Anbetracht der doch immer größer
werdenden Zyklen bis zu einem neuen Album nicht zwischenzeitlich mal die
Nerven verloren hat, antwortet Markus lakonisch:
"Nein,
wir sind da relativ im vereinbarten Rahmen geblieben."
Martin: "Die
wissen auch, wie's bei Notwist läuft. Unter zeitlichen Forderungen
kann so eine Band nicht funktionieren."
Markus:
"Ich kann mir jetzt erst mal gar nicht vorstellen - und hab auch keine
Lust dazu - wie die nächste Notwist-Platte aussehen könnte. Man
denkt dann eher: "Ahhhh, jetzt erst mal wieder eine neue Tied & Tickled
machen." "Community" haben sich wohl mittlerweile an unsere Arbeitsweise
gewöhnt. Ich habe mal gehört, daß wir generell den Ruf
haben, eine schwierige Band zu sein. Daher ist wohl auch noch nie eine
Major-Firma an uns herangetreten - obwohl das für uns nicht grundsätzlich
ausgeschlossen wäre, wenn wir alle Freiheiten behalten können."
Immerhin veröffentlichen
Notwist ihre Platten mittlerweile auch in den USA auf einem hierzulande
komplett unbekannten Label namens "Zero Hour".
Martin: "Dahinter
steht jemand, der mal selber Musiker war, dann an die Börse gegangen
und nun ziemlich reich ist. Der hat dann seinen Traum verwirklicht und
"Zero Hour" gegründet - ein Indie-Label mit mitunter netten Bands
wie Space Needle und Grover".
Markus: "Wir
verkaufen da aber nicht sonderlich viel."
Martin: "Was
die aber unglaublich gut können, ist, mit der Presse zu arbeiten."
Markus:
"Die Frau, die die Promo-Sachen erledigt, rennt redend mit dem Telefon
am Ohr und Kopien um sich schmeißend
durch die Gegend, kennt jeden, geht auf die Wu-Tang Clan-Party und ist
überall dabei. Die hat uns einen Rolling Stone- und einen New York
Times-Artikel mit zwei Telefonanrufen organisiert. Bei dem Riesenland verläuft
sich das aber. Wenn du da ein paar Tausend Platten verkaufst, dann kennen
dich in jedem Auftrittsort drei Leute. So war es dann auch auf beiden USA-Touren,
obwohl wir da teils mit amerikanischen Bands gespielt haben, bei denen
ich irgendwie was anderes erwartet hätte - zum Beispiel mit den Silver
Apples, die das Atomic Café in München ausverkauft hatten.
Da waren dann vielleicht 30 Leute. Es war Strapaze hoch zehn, jeden Tag
mindestens acht Stunden im Auto durch die Landschaft fahren, drei Wochen
lang, und eigentlich kein einziges gut besuchtes Konzert, außer in
New York und Boston. Das war schon eine ziemliche Extremerfahrung. Bei
der ersten Tour haben wir auf einem Metal-Meeting in L.A. gespielt. Das
war sehr.. tätowiert. Da waren Typen, die sich einfach so auf den
Boden geschmissen haben, um 50 Liegestütze zu machen, sehr bizarr".
Beim Auftritt in New York
war sogar Thurston Moore zugegen, berichtet Markus.
"Er
kam ziemlich präzise zum letzten Ton, den wir spielten. Als wir nach
Amerika geflogen sind, saß er schon im Flugzeug direkt hinter uns.
Saß da und las super-malerisch ein Lydia Lunch-Buch, und ich dachte:
"Den Typen kennst du doch. Durch die Zollkontrolle ging er dann mit dickem
Gitarrenkoffer. Wir haben ihn aber nicht angesprochen. Wir hätten
hingehen und sagen sollen: "Hallo! Spielst du auch in einer Band?"
Nach dem Konzert haben sie
dann doch noch mit ihm gesprochen - und waren echt überrascht, daß
er fast die komplette Band- und Projekt-Palette aus Weilheim/Landsberg
kannte.
Interview: Alex Brandt &
Carsten La Tendresse
Text: Carsten la Tendresse |